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Transaktionen

0374 - Valora Holding AG

Empfehlung in Sachen Valora Holding AG vom 24. Juni 2008

Öffentliches Aktienrückkaufprogramm der Valora Holding AG, Bern - Gesuch um Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote

A. 
Die Valora Holding AG (Valora oder Gesuchstellerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Bern. Ihr im Handelsregister eingetragenes Aktienkapital beträgt CHF 3'300’000, eingeteilt in 3'300’000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1.00. Die Namenaktien der Valora (VALN) sind am Hauptsegment der SWX Swiss Exchange (SWX) und an der BX Berne Exchange kotiert.

B. 
Die ordentliche Generalversammlung der Valora hat am 29. April 2008 ein vom Verwaltungsrat beantragtes Aktienrückkaufprogramm im Umfang von maximal 500'000 Namenaktien über eine zweite Handelslinie an der SWX zwecks nachfolgender definitiver Vernichtung der Aktien durch Kapitalherabsetzung genehmigt. Dies entspricht 15.2% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Valora. Das Rückkaufprogramm beginnt am 1. Juli 2008 und dauert voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2009.

C.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2008 beantragte die Gesuchstellerin die Freistellung des Programms von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote. Dem Gesuch beigelegt waren insbesondere der Entwurf des Rückkaufsinserats in deutscher und französischer Sprache sowie das von der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) vorgesehene Formular „Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren“ (Formular).

D.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Henry Peter und Walter Knabenhans gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote auf Aktienrückkäufe

1. Öffentliche Angebote einer Gesellschaft für ihre eigenen Aktien, einschliesslich der Bekanntgabe der Absicht, eigene Beteiligungspapiere an der Börse zurückzukaufen, stellen öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG dar (vgl. Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision 2000 AG, BK Vision AG und Stillhalter Vision AG, Erw. 2). Damit unterstehen diese Transaktionen grundsätzlich den Bestimmungen des 5. Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote.

2. Die Übernahmekommission kann die Anbieterin von der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreien. Voraussetzungen und Verfahren dieser Freistellung sind in Mitteilung Nr. 1 festgelegt. Danach ist die Bekanntgabe von Rückkäufen eigener Beteiligungspapiere im Umfang von maximal 2% des Kapitals generell freigestellt (Mitteilung Nr. 1 Ziff. II). Bezieht sich der Rückkauf auf mehr als 2%, aber nicht mehr als 10%, so wird die Freistellung im so genannten Meldeverfahren bewilligt, wenn die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III erfüllt sind. Wenn sich der Rückkauf auf mehr als 10% bezieht, oder wenn eine der anderen Voraussetzungen der Mitteilung Nr. 1 nicht erfüllt wird, ist eine Freistellung (im ordentlichen Verfahren mittels Empfehlung) dennoch möglich, soweit dies mit den Zielsetzungen des BEHG zu vereinbaren ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).

2. Voraussetzungen der Freistellung im vorliegenden Fall

3. Die Gesuchstellerin beabsichtigt den Rückkauf von Beteiligungspapieren einer einheitlichen Kategorie (Namenaktien mit Nennwert von CHF 1.00) im Umfang von mehr als 2% des Kapitals zu Marktpreisen über eine spezielle Handelslinie. Zur Anwendung gelangen damit die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 bis 1.4, 3.1, 3.5 und 3.8. Deren Einhaltung ist im Folgenden zu prüfen.

4. Der im eingereichten Inseratentwurf vorgesehene Rückkauf

  • führt nicht zur Dekotierung des betroffenen Titels (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.2) und
  • bezieht sich auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.3).

5. Die Valora hat sich in ihrem Gesuch verpflichtet,

  • die Übernahmekommission und mindestens eines der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, über die Anzahl der angedienten Titel zu informieren (Formular Ziff. 14 Abs. 1, vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.4) und
  • den Rückkauf in den Fällen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 3.1 Punkt 1 bis 3 zu unterbrechen (Formular Ziff. 11).

6. Die Rückkaufspreise bilden sich gemäss dem eingereichten Entwurf des Angebotsinserats „in Anlehnung an die Kurse der auf der ersten Linie gehandelten Namenaktien von Valora“. Die Gesuchstellerin beachtet damit die Bestimmung von Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 3.5, gemäss welcher der auf der zweiten Handelslinie angebotene Preis den auf der ersten Linie angebotenen Preis grundsätzlich nicht um mehr als 5% übersteigen darf.

7. Damit werden die genannten Bestimmungen grösstenteils eingehalten. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird die Zürcher Kantonalbank, Zürich, als mit dem Rückkauf beauftragte Bank, mit dem Formular „Bestätigung Nr. 2“ bestätigen.

8. Nicht eingehalten wird damit die Voraussetzung gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 1.1, wonach sich der Rückkauf auf höchstens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Anbieters beziehen darf.

9. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob der beabsichtigte Rückkauf dennoch mit den Zielsetzungen des BEHG vereinbar ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).

3. Rückkauf von über 10% des Aktienkapitals und der Stimmrechte

10. Die Valora beabsichtigt maximal 500'000 Namenaktien, entsprechend rund 15.2% des Aktienkapitals und der Stimmrechte, zurückzukaufen.

11. Die Freistellung eines öffentlichen Rückkaufangebots von den Bestimmungen des 5. Abschnittes des BEHG ist bei Überschreitung des Rückkaufsvolumens von 10% des Kapitals insbesondere dann heikel, wenn der Rückkauf zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse führt. Auch darf der Rückkauf nicht zu einer übermässigen Reduktion des handelbaren Teils  der Aktien („Free Float“) führen (vgl. Empfehlung vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.2.1).

12. Das Aktionariat der Valora setzt sich gemäss Angaben der Gesuchstellerin wie folgt zusammen:

  • Der Eigenbestand der Gesuchstellerin beträgt per 12. Juni 2008 3.69% der ausgegebenen Aktien.
  • Pictet & Cie, Genf, hält 6.67%.
  • UBS Fund MGMT (CH), Basel, hält 6.31%.
  • State of New Jersey Common Pension Fund D, Trenton, New Jersey, USA, hält 4.55%.
  • Lombard Odier Darier Hentsch, Fund Managers SA, Genf, hält 3.83%.
  • Golden Peaks Active Master Fund Ltd, Grand Cayman, hält 3.49%.
  • Chase Nominees Ltd, London, hält 3.12%.
  • Amber Capital Investment Management, New York, hält 3.06%.
  • Der Rest der Aktien im Umfang von ca. 65% ist im Publikum gestreut.

13. Bei dieser Aktionariatsstruktur haben der Rückkauf von 15.2% der Aktien und deren anschliessende Vernichtung zwecks Kapitalherabsetzung keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse und keine übermässige Reduktion des Free Float zur Folge. Sowohl vor, als auch nach Durchführung des Programms existiert kein dominanter Aktionär und die Aktien der Valora bleiben breit im Publikum gestreut. Das vorliegende Rückkaufprogramm kann daher trotz der Überschreitung der Schwelle von 10% gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 1.1 von der Einhaltung der Bestimmungen des 5. Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote bis zu einem Umfang von maximal 500’000 Aktien, entsprechend 15.2% des Aktienkapitals und der Stimmrechte, freigestellt werden. Sollte sich im Rahmen des Rückkaufprogramms eine Überschreitung dieser Limite abzeichnen, hätte die Gesuchstellerin im Hinblick auf dessen Weiterführung erneut ein Gesuch um Freistellung an die Übernahmekommission zu richten.

14. Zu beachten ist, dass Art. 659 Abs. 1 OR den Erwerb eigener Aktien auf maximal 10% des Aktienkapitals beschränkt. Die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR ist jedoch vom in der Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 festgelegten übernahmerechtlich relevanten Volumen von 10% des Kapitals oder der Stimmrechte zu unterscheiden. Art. 659 Abs. 1 OR stellt eine dauernd einzuhaltende Bestandeslimite dar, während sich das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 auf die Periode des Rückkaufsprogramms (im vorliegenden Fall 1. Juli 2008 - 31. Dezember 2009) bezieht. Die Freistellung durch die Übernahmekommission bezieht sich auf das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1, nicht auf die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR. Die Gesuchstellerin hat ihre Rückkäufe demnach unabhängig von der vorliegenden Freistellung so auszugestalten, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten sind (vgl. Empfehlung vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.3).

15. Die Einladung zur ordentlichen Generalversammlung der Gesuchstellerin vom 29. April 2008 hält zur Genehmigung des Aktienrückkaufsprogramms fest, die im Rahmen dieses Rückkaufsprogramms erworbenen Aktien seien definitiv zur Vernichtung vorgesehen und unterlägen somit nicht der 10%-Grenze gemäss Art. 659 OR im Sinne des Haltens eigener Aktien. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Rechtsauffassung des Verwaltungsrats der Gesuchstellerin handelt, die vom Ausschuss nicht notwendigerweise geteilt wird (vgl. Empfehlung vom 17. April 2008 in Sachen Julius Bär Holding AG, Erw. 3).

4. Publikation

16. Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Publikation des Angebotsinserats der Valora auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

5. Gebühr

17. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK ist für die Prüfung des Gesuchs eine Gebühr von CHF 20'000 zu erheben.

Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Der für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2009 geplante Rückkauf eigener Aktien der Valora Holding AG wird von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt. Er ist damit den in Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 Ziffern III. 1 und 3 definierten Regeln unterstellt.

  2. Der Valora Holding AG wird in Abweichung von Ziff. III. 1.1 der Mitteilung Nr. 1 gestattet, maximal 500'000 Namenaktien zurückzukaufen.

  3. Die Valora Holding AG wird aufgefordert, der Übernahmekommission das definitive Angebotsinserat in deutscher und französischer Sprache vor dessen Veröffentlichung einzureichen.

  4. Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Veröffentlichung des Rückkaufsinserats der Valora Holding AG auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  5. Die Gebühr zulasten der Valora Holding AG beträgt CHF 20'000.

 

Der Präsident

Luc Thévenoz

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

Mitteilung an:

  • Valora Holding AG, Bern (vertreten durch Homburger AG, Dr. Flavio Romerio).
  • Eidgenössische Bankenkommission.