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0293 - Saurer AG

Empfehlung III in Sachen Saurer AG vom 15. November 2006 - Verwaltungsratsbericht

Öffentliches Kaufangebot der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer AG, Arbon – Verwaltungsratsbericht

A.
Die Saurer AG („Zielgesellschaft“ oder „Saurer“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Arbon (TG). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 112'019'600 und ist aufgeteilt in 14'548'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 7.70 („Saurer-Aktien“). Die Saurer verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital in der Höhe von maximal CHF 32'725'000. Die Namenaktien der Saurer sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) kotiert.

B.
Die OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon („Anbieterin“ oder „Oerlikon“, vormals Unaxis Holding AG), ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Freienbach (SZ). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 282'848'740 und ist aufgeteilt in 14'142'437 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 20. Die Namenaktien der Oerlikon sind an der SWX kotiert und werden an der virt-x gehandelt.

C.
Am 6. September 2006 – vor Börsenbeginn – teilte die Oerlikon mittels Pressemitteilung mit, dass sie 24.1% der Saurer-Aktien erworben habe und über Optionen verfüge („Saurer-Optionen“), die Oerlikon zum Bezug von weiteren 20.97% Saurer-Aktien berechtigten. Am selben Tag liess die Oerlikon mittels Pressemitteilung zudem verlauten, dass sie ihren Anteil an Saurer-Optionen ausgebaut habe und zwischenzeitlich über Optionen verfüge, die sie zum Bezug von 26.1% Saurer-Aktien berechtigten.

D.
Ebenfalls am 6. September 2006 kündigte die Oerlikon in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer unterbreiten werde („Voranmeldung“).

E.
Am 7. September 2006 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde.

F.
Mit Eingabe vom 28. September 2006 reichte die Saurer bei der Übernahmekommission ein Gesuch betreffend Abwehrmassnahmen ein. Nach einem ausführlichen Schriftenwechsel zwischen den Parteien, der am 9. Oktober 2006 abgeschlossen war, hat die Übernahmekommission am 13. Oktober 2006 diesbezüglich eine Empfehlung erlassen (s. Empfehlung I vom 13. Oktober 2006 in Sachen Saurer AG – Abwehrmassnahme). Darin stellte sie fest, dass eine allfällige Unterzeichnung des Kreditvertrags „Syndicated Multi-Currency Revolving Credit Facility Agreement“ durch den Verwaltungsrat der Saurer eine gesetzwidrige Abwehrmassnahme darstellen würde.

G.
Am 11. Oktober 2006 teilte die Oerlikon mittels Pressemitteilung mit, dass sie die von ihr gehaltenen Optionen zum Erwerb von Saurer-Aktien den emittierenden Banken zurückverkauft und gleichzeitig 2'997'300 Saurer-Aktien, entsprechend 20.6%, zu einem Preis von CHF 116.50 pro Saurer-Aktie erworben habe. Zudem liess die Oerlikon darin verlauten, sie erhöhe den Angebotspreis von CHF 110 auf CHF 116.50 pro Saurer-Aktie und verzichte auf alle in der Voranmeldung aufgeführten Angebotsbedingungen, mit Ausnahme der Wettbewerbsbedingung und der Bedingung, dass kein Entscheid und keine Verfügung eines Gerichts oder einer anderen Behörde erlassen wurde, welche den Vollzug des Angebotes verbietet. Des Weitern liess sie verlauten, sie halte per 11. Oktober 2006 44.68% des Kapitals und der Stimmrechte der Saurer. Am 12. Oktober 2006 hat die Oerlikon überdies mit Transaktionsmeldung gemäss Art. 31 BEHG der Übernahmekommission den Kauf von 2'997'300 Saurer-Aktien, entsprechend 20.6% der Stimmrechte, und den Rückverkauf von 22'675'000 Saurer-Optionen, welche zum Bezug von weiteren 26.118% der Saurer-Aktien und Stimmrechte berechtigten, gemeldet.

H.
Mit Medienmitteilung vom 16. Oktober 2006 teilte die Oerlikon mit, sie erhöhe letztmalig den Angebotspreis von CHF 116.50 auf CHF 135 pro Saurer-Aktie. Mit Pressemitteilung vom 17. Oktober 2006 empfahl der Verwaltungsrat der Saurer die Annahme des verbesserten Angebots von CHF 135 pro Saurer-Aktie.

I.
Am 18. Oktober 2006 erfolgte die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots der Oerlikon für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer, indem dieses in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wurde.

J.
Ebenfalls am 18. Oktober 2006 wurde die Oerlikon mit verfahrensleitender Anordnung aufgefordert, der Übernahmekommission am gleichen Tag noch die am 16. Oktober 2006 mit Saurer abgeschlossene Transaktionsvereinbarung einzureichen. Auf die innert Frist eingereichte Transaktionsvereinbarung wird – soweit erforderlich – im Rahmen der Erwägungen eingegangen.

K.
Am 31. Oktober 2006 erliess die Übernahmekommission die Empfehlung zum Angebotsprospekt (Empfehlung II vom 31. Oktober 2006 in Sachen Saurer AG – Angebotsprospekt). Darin erwog sie unter anderem, dass der Bericht des Verwaltungsrats der Saurer zum Angebot der Oerlikon („Verwaltungsratsbericht“) bis spätestens 7. November 2006 zu veröffentlichen sei und verlangte verschiedene inhaltliche Angaben zu diesem Bericht. Zudem forderte sie gewisse Änderungen und Ergänzungen im Angebotsprospekt der Oerlikon. Auf einzelne Punkte dieser Empfehlung wird – soweit erforderlich – im Rahmen der Erwägungen eingegangen.

L.
Am 6. November 2006 veröffentlichte die Oerlikon die von der Übernahmekommission verlangten Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts sowie den neuen Bericht der Prüfstelle in einer separaten Ergänzung in derselben Form wie der Angebotsprospekt.

M.
Der Verwaltungsrat der Saurer veröffentlichte seinen Verwaltungsratsbericht am 7. November 2006 in den elektronischen Medien und in den Tageszeitungen. Darin führte er unter anderem aus, der Verwaltungsrat habe im Interesse einer geordneten Integration der Gesellschaft eine Übergangsregelung erlassen, die 26 Mitarbeiter betreffe, welche nicht Mitglieder der obersten Geschäftsleitung seien (s. Verwaltungsratsbericht, Anhang, lit. a ). Gleichentags wurde eine Fairness Opinion der BDO Visura, Zürich („BDO“), auf Deutsch auf der Homepage der Saurer veröffentlicht.

N.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 7. November 2006 wurde die Saurer aufgefordert, der Übernahmekommission bis spätestens 8. November 2006 die im Anhang des Verwaltungsratsberichts in lit. a erwähnten Arbeitsverträge samt der erlassenen Übergangsregelung sowie die Reglemente betreffend das Optionsprogramm auf Saurer-Aktien zuzustellen. Überdies wurde Saurer aufgefordert zu erklären, wie sie die im Anhang des Verwaltungsratsberichts in lit. a erwähnten Kosten von CHF 860'329 berechnet habe. Auf die innert Frist eingereichten Unterlagen und Informationen wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.

O.
Nach mehreren Aufforderungen der Übernahmekommission an die Saurer, die Fairness Opinion unverzüglich auch auf Französisch zu veröffentlichen, wurden die Saurer und die BDO mit verfahrensleitender Anordnung vom 9. November 2006 aufgefordert, zu erklären, weshalb die im Verwaltungsratsbericht erwähnte Fairness Opinion von BDO nicht auf Französisch verfügbar sei. Überdies wurde Saurer aufgefordert, zu erklären, bis wann die im Verwaltungsratsbericht erwähnte Fairness Opinion von BDO auf Französisch verfügbar sein werde. Auf die innert Frist eingereichten Erklärungen wird in den Erwägungen eingegangen.

P.
Am 10. November 2006 wurde die Fairness Opinion der BDO auf Französisch auf der Homepage der Saurer veröffentlicht.

Q.
Zur Prüfung der vorliegenden Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Henry Peter (Präsident des Ausschusses), Frau Susan Emmenegger und Herrn Raymund Breu gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

1.1 Zeitpunkt und Ort der Veröffentlichung

1.1.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft ist gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebots zu publizieren. Im vorliegenden Fall ist der entsprechende Zeitpunkt somit der 7. November 2006. Nach jeder Änderung des Angebots hat der Verwaltungsrat einen neuen Bericht zu veröffentlichen. Dieser muss, falls er nicht mit dem geänderten Angebot veröffentlicht wird, am achten Börsentag nach Veröffentlichung der Änderung landesweit bekannt gemacht werden (Art. 33 Abs. 1 und 3 UEV-UEK).

1.1.2 Der Bericht ist landesweit bekannt zu machen, indem er in mindestens zwei Zeitungen, in denen das Angebot publiziert wurde, auf Deutsch und Französisch veröffentlicht wird (Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK). Zudem muss der Bericht gemäss Abs. 3 derselben Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden.

1.1.3 Der Verwaltungsratsbericht wurde am 7. November 2006 in den elektronischen Medien und in den Tageszeitungen, in denen das Angebot publiziert worden war, in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht (vgl. Sachverhalt lit. M). Es ist daher festzuhalten, dass der Verwaltungsratsbericht hinsichtlich des Zeitpunkts und Orts der Veröffentlichung grundsätzlich den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Ein Vorbehalt ist hier allerdings hinsichtlich der Veröffentlichung der Fairness Opinion auf Französisch anzubringen (vgl. Sachverhalt lit. P sowie unten Erw. 1.2.4.3).

1.2 Inhalt des Verwaltungsratsberichts

1.2.1 Stellungnahme des Verwaltungsrates

1.2.1.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 UEV-UEK kann der Bericht empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen; er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben. Selbst in diesem Fall muss der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheide in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Der Bericht muss eine klare Begründung enthalten und alle wesentlichen Elemente darlegen, welche die Stellungnahme beeinflusst haben (Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK).

1.2.1.2 Im vorliegenden Fall führt der Verwaltungsrat der Saurer in seinem Bericht aus, er habe zusammen mit der obersten Geschäftsleitung und seinen Beratern sowohl das Angebot der Oerlikon als auch die kurz- und langfristigen Perspektiven der Saurer als unabhängiges Unternehmen eingehend geprüft. Darüber hinaus habe der Verwaltungsrat die verschiedenen, Saurer offen stehenden strategischen und finanziellen Optionen diskutiert. Nach eingehender Prüfung des Angebots der Oerlikon habe der Verwaltungsrat am 5. November 2006 einstimmig beschlossen, den Aktionären der Saurer zu empfehlen, das Angebot anzunehmen. Unter Ziffer 3 seines Berichts begründet er seine Annahmeempfehlung im Wesentlichen damit, das Angebot entspreche einer Prämie von 45% zum ursprünglichen Barangebot von CHF 93.42 je Saurer-Aktie und der Angebotspreis liege 50% über dem Durchschnitt der letzten 12 Monate vor der Voranmeldung des Angebots. Zudem habe der Verwaltungsrat BDO damit beauftragt, das Angebot auf seine finanzielle Angemessenheit zu überprüfen. BDO sei nach unabhängig durchgeführten Bewertungsanalysen und Wertüberlegungen zum Resultat gekommen, das Angebot der Oerlikon sei in finanzieller Hinsicht fair und angemessen. Der Verwaltungsrat sei nach Diskussion mit der Saurer Geschäftsleitung und Beratung durch die Deutsche Bank zum Schluss gelangt, dass das Angebot als attraktiv anzusehen sei. Das Angebot ermögliche es den Aktionären der Saurer, ihre Aktien zu einem fairen Preis an die Oerlikon zu verkaufen.

1.2.1.3 Mit der Darstellung der wesentlichen Elemente, welche seine Stellungnahme beeinflusst haben, ist der Verwaltungsrat seiner Begründungspflicht nachgekommen. Die Stellungnahme des Verwaltungsrats erfüllt somit die Anforderungen von Art. 29 UEV-UEK.

1.2.2 Zwischenabschluss

1.2.2.1 Art. 29 Abs. 1 BEHG verpflichtet den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft, die ihm bekannten und nicht veröffentlichten Angaben über den Gang der laufenden Geschäfte offen zu legen. Gemäss Praxis der Übernahmekommission hat der Verwaltungsrat in denjenigen Fällen, in denen der Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenberichts der Zielgesellschaft bis zum Ende der Angebotsfrist mehr als sechs Monate zurückliegt, einen aktuellen Zwischenabschluss zu erstellen. Dieser ist als Teil des Berichts des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zu betrachten und entsprechend zu veröffentlichen (vgl. Empfehlung vom 1. Oktober 2004 in Sachen Pelham Investments SA, Erw. 4.1.1 sowie Empfehlung vom 30. Juni 2004 in Sachen Scintilla AG, Erw. 6.1.4).

1.2.2.2 Sind seit dem Stichtag des letzten publizierten Jahres- oder Zwischenabschlusses bis zum Ende der Angebotsfrist weniger als sechs Monate vergangen, ist keine Veröffentlichung eines aktuellen Zwischenabschlusses erforderlich. In einem solchen Fall hat jedoch der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 3 UEV-UEK in seinem Bericht Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind. Sind keine solchen Änderungen eingetreten, so hat der Verwaltungsrat dies explizit in seinem Bericht zu bestätigen. Treten solche Änderungen nach Veröffentlichung des Berichts während der Angebotsfrist ein, hat der Verwaltungsrat die Pflicht, den Bericht entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.

1.2.2.3 Der letzte von Saurer publizierte Jahresabschluss ist derjenige per 31. Dezember 2005. Am 25. Juli 2006 wurde der Zwischenabschluss per 30. Juni 2006 veröffentlicht. Ferner hat der Verwaltungsrat explizit in seinem Bericht bestätigt, dass er sich keiner wesentlichen Veränderung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten der Saurer seit der Veröffentlichung des Halbjahresergebnisses für das Geschäftsjahr 2006 bewusst sei (s. Verwaltungsratsbericht, Ziff. 5.5). Somit wurden die Anforderungen mit Bezug auf den Zwischenabschluss grundsätzlich erfüllt.

An dieser Stelle ist allerdings das Folgende festzustellen: Die Praxis der Übernahmekommission verlangt, dass der Verwaltungsrat in seinem Bericht Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten macht, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind bzw. explizit bestätigt, dass keine solchen Änderungen eingetreten sind. Diese Aussage hat sich dabei nicht nur – wie im französischsprachigen Bericht des Verwaltungsrats der Saurer irrtümlicherweise festgehalten [„(…) n’a connaissance d’aucun changement négatif majeur“] – auf die nachteiligen, sondern auf alle wesentlichen Änderungen zu beziehen. Sollte der Verwaltungsrat der Saurer im vorliegenden Fall sich einer solchen Änderung bewusst sein, oder sollte eine solche Änderung nach Publikation des Berichts eingetreten sein oder eintreten, hätte er demzufolge den Bericht im Rahmen seiner Nachführungspflicht (s. dazu unten Erw. 2) entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen. Im Übrigen entspricht der Bericht den gesetzlichen Anforderungen.

1.2.3 Interessenkonflikte

1.2.3.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie hoch diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (statt vieler vgl. Empfehlung in Sachen Swiss International Air Lines AG vom 28. April 2005, Erw. 7.2.1).

Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Rechenschaft ablegen über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Empfehlung in Sachen Centerpulse AG vom 16. April 2003, Erw. 6.2).

1.2.3.2 Der Verwaltungsrat der Saurer führt in seinem Bericht in Ziff. 5.1 aus, für die Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung bestehe kein Interessenkonflikt im Sinne von Art. 31 UEV-UEK. Keines der Verwaltungsratsmitglieder oder der Mitglieder der Geschäftsleitung habe mit Oerlikon vertragliche Vereinbarungen getroffen; kein Mitglied des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung sei mit Oerlikon andere Verbindungen oder andere Absprachen eingegangen. Abgesehen vom gemeinsamen Verständnis, bestehende Arbeitsverträge und Optionspläne einzuhalten und zu honorieren, seien weder gegenüber einzelnen Personen verbindliche Zusicherungen abgegeben, noch in diesem Zusammenhang andere verbindliche Vereinbarungen getroffen worden. Im Übrigen seien weder Mitglieder des Verwaltungsrats noch der obersten Geschäftsleitung auf Antrag der Oerlikon gewählt worden.

In Bezug auf vertragliche Vereinbarungen oder andere Verbindungen mit Oerlikon hält der Verwaltungsrat der Saurer in seinem Bericht in Ziff. 5.2 fest, abgesehen von der Transaktionsvereinbarung vom 16. Oktober 2006 bestünden zwischen der Saurer und der Oerlikon keine vertraglichen Vereinbarungen oder andere Verbindungen. Aus den der Übernahmekommission vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass Herr Georg Stumpf im Laufe des 16. Oktober 2006 über den Verwaltungsratsbeschluss der Saurer betreffend Übergangsregelung (s. unten Erw. 1.2.5.3) informiert wurde. Gemäss Angaben der Saurer habe er sich bislang aber nicht konkret dazu geäussert. Nach Angaben der Saurer besteht diesbezüglich keine Vereinbarung.

Zudem wird ausgeführt, es bestehe weder eine Vereinbarung noch eine gegenseitige Absprache, ob irgendwelche Mitglieder des Verwaltungsrates wiedergewählt werden sollen. Es sei davon auszugehen, dass nach der Abwicklung des Angebots eine ausserordentliche Generalversammlung durchgeführt werde, an der Wahlen in den Verwaltungsrat stattfänden. Der Verwaltungsrat kenne im Zeitpunkt der Erstellung seines Berichts (5. November 2006) die Absichten der Oerlikon in Bezug auf den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Saurer nicht (s. dazu unten Erw. 2.2).

Somit wurden die Anforderungen mit Bezug auf die Offenlegung allfälliger Interessenkonflikte erfüllt.

1.2.4 Fairness Opinion

1.2.4.1 Der Verwaltungsrat der Saurer hat die BDO beauftragt, das öffentliche Kaufangebot der Oerlikon auf seine finanzielle Angemessenheit hin zu prüfen („Fairness Opinion“). Stützt sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft auf eine unabhängige Beurteilung des Angebotspreises durch eine Expertin, wird das Gutachten Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Die Fairness Opinion ist gleichzeitig mit dem Bericht zu veröffentlichen und im selben Umfang zu begründen.

1.2.4.2 Was die Begründungspflicht anbelangt, sind die Bedingungen vorliegend erfüllt. Das Resultat der von der BDO angestellten Bewertungsüberlegungen ist in der Fairness Opinion offengelegt. Die BDO kommt darin zum Ergebnis, dass sich eine Wertbandbreite von CHF 120 bis CHF 130 je Saurer-Aktie ergebe. Basierend auf den durchgeführten Analysen und Bewertungsüberlegungen komme sie demnach zum Schluss, dass das Kaufangebot der Oerlikon von CHF 135 aus finanzieller Sicht fair und angemessen sei. Zudem sind die von der BDO konkret für ihre Meinungsbildung verwendeten Informationen und herangezogenen Bewertungsmethoden, die getroffenen Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter und deren Herleitung offengelegt, so dass die Angebotsempfänger die Einschätzung der Expertin nachvollziehen und somit ihren Entscheid betreffend Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Die Fairness Opinion ist somit gemäss Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK hinreichend begründet.

1.2.4.3 Was die Veröffentlichung betrifft, ist auf Folgendes hinzuweisen: Wie bereits festgehalten, wird die Fairness Opinion Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Demzufolge ist sie – analog dem Verwaltungsratsbericht – sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch zu veröffentlichen (Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK i.V.m Art. 18 Abs. 1 UEV-UEK). Die Fairness Opinion auf Deutsch wurde gleichzeitig mit dem Bericht des Verwaltungsrats am 7. November 2006 veröffentlicht (vgl. Sachverhalt lit. M). Vorliegend wurde die Fairness Opinion in französischer Sprache allerdings erst am 10. November 2006 veröffentlicht (vgl. Sachverhalt lit. P). Sowohl die Saurer als auch die BDO machten in ihrer Erklärung gegenüber der Übernahmekommission geltend, es habe ein Missverständnis zwischen den Anwälten der Saurer und der Saurer bzw. in der Kommunikation der BDO mit der Saurer bezüglich Sprache und Übersetzung der Fairness Opinion vorgelegen. Angesichts der Tatsache, dass die deutsche Version rechtzeitig veröffentlicht wurde und die verspätete Veröffentlichung der französischen Version offenbar auf einem Versehen bzw. Missverständnis beruht, sieht die Übernahmekommission vorliegend von der Ergreifung von Massnahmen ab.

1.2.5 Abwehrmassnahmen

1.2.5.1 Der Verwaltungsrat hat in seinem Bericht anzugeben, welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt (Art. 30 Abs. 2 UEV-UEK). Gegebenenfalls hat er die Beschlüsse der Generalversammlung zu erwähnen, welche in Anwendung von Art. 29 Abs. 2 BEHG gefasst wurden.

1.2.5.2 Der Verwaltungsrat der Saurer führt in seinem Bericht in Ziff. 5.4 aus, dass er sich an die Empfehlung I der Übernahmekommission (s. Sachverhalt lit. F) gehalten und keinerlei Kreditverträge unterzeichnet habe. Der Verwaltungsrat habe somit zu keiner Zeit eine Abwehrmassnahme ergriffen und beabsichtige auch im weiteren Übernahmeverfahren nicht, die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre durch irgendwelche Abwehrmassnahmen einzuschränken. Somit wurden die Anforderungen mit Bezug auf die Offenlegung allfälliger Abwehrmassnahmen erfüllt.

1.2.5.3 Der Verwaltungsrat der Saurer führt im seinem Bericht im Anhang in lit. a aus, im Interesse einer geordneten Integration der Gesellschaft habe der Verwaltungsrat eine Übergangsregelung für 26 Mitarbeiter, die nicht Mitglieder der obersten Geschäftsleitung seien, aber im Wesentlichen Konzernfunktionen innehätten, erlassen. Diese Arbeitsverträge samt Übergangsregelung wurden der Übernahmekommission eingereicht (s. Sachverhalt lit. N). Eine Überprüfung dieser Verträge hat ergeben, dass die im Verwaltungsratsbericht erwähnten maximal möglichen Kosten von CHF 860'329 für die Saurer aufgrund der Annahme getroffen wurden, dass bei allen betroffenen Mitarbeitern maximal theoretische Kosten von 3 monatlichen Salären entstehen können. Die Verlängerung der Kündigungsfrist um maximal 3 Monate mit den daraus sich ergebenden maximal möglichen Kosten für die Zielgesellschaft sind im vorliegenden Fall nicht als unzulässige Abwehrmassnahme zu qualifizieren.

1.2.5.4 Weiter führt der Verwaltungsrat in seinem Bericht im Anhang in lit. b aus, unter Berücksichtigung der zusätzlichen Belastungen in den vergangenen Monaten würden allen bisherigen Verwaltungsräten die normalen Verwaltungsratshonorare, vereinbarten Pauschal-Beratungshonorare, Pauschalspesen und Sitzungsgelder bis zum Ende der ordentlichen Wahlperiode ausbezahlt, unabhängig davon, ob die Verwaltungsräte an einer allenfalls auf einen früheren Zeitpunkt (statt dem für die ordentliche Generalversammlung vorgesehenen 10. Mai 2007) einberufenen ausserordentlichen Generalversammlung zurücktreten oder abgewählt würden.

Im vorliegenden Fall beträgt die Amtsdauer der Verwaltungsratsmitglieder ein Jahr. Als Amtsdauer ist der Zeitraum zwischen einer ordentlichen und der folgenden ordentlichen Generalversammlung definiert (s. Geschäftsbericht 2005 der Saurer, S. 90; vgl. auch Einladung zur ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2006, Ziff. 4). Angesichts der Tatsache, dass es sich vorliegend um eine kurze Restlaufzeit der Amtsdauer sowie um einen maximal möglichen Aufwand für die Gesellschaft von CHF 439'000 (ohne Abzug des darin enthaltenen langfristigen pro rata Retention Bonus für Heinrich Fischer) handelt, ist nicht von einer unzulässigen Abwehrmassnahme auszugehen.

1.2.5.5 In Bezug auf die Optionspläne für die Mitglieder des Verwaltungsrats sowie der Geschäftsleitung und die Bereichsleiter der Business Units wird im Verwaltungsratsbericht (s. Anhang lit. b-d) ausgeführt, dass diese Optionspläne im Hinblick auf den Kontrollwechsel weder angepasst worden seien, noch würden sich in Folge des Kontrollwechsels deren Modalitäten verändern. Aus den der Übernahmekommission eingereichten Optionsplänen (s. Sachverhalt lit. N) geht hervor, dass die letzte Tranche der im Rahmen dieser Optionspläne ausgegebenen Optionen, unabhängig von einem Kontrollwechsel, nach dem 19. November 2006 ausübbar wird. Eine Änderung oder Anpassung dieser Optionspläne hat nicht stattgefunden. Gemäss Eingabe an die Übernahmekommission vom 8. November 2006 (s. Sachverhalt lit. N) beabsichtigt die Saurer lediglich, bei diesen Optionsplänen nach Zustandekommen des Angebots der Oerlikon eine automatische Ausübung vorzusehen, so dass diese Pläne nach erfolgreichem Abschluss des Übernahmeangebots der Oerlikon geschlossen werden können. Insofern ist nicht von einer unzulässigen Abwehrmassnahme auszugehen.

1.2.6 Übrige Informationen

Auch in Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Verwaltungsratsbericht den gesetzlichen Anforderungen.

2. Nachführungspflicht des Verwaltungsrats und der Anbieterin

2.1 Den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft trifft in Bezug auf seinen Bericht und die Anbieterin in Bezug auf den Angebotsprospekt grundsätzlich eine Nachführungspflicht. Erlangt der Verwaltungsrat nach Publikation seines Berichts bzw. die Anbieterin nach Publikation des Angebotsprospekts Kenntnis neuer Informationen bzw. Tatsachen, die für die Entscheidfindung der Empfänger des Angebots wesentlich sind, so müssen solche Informationen in Ergänzung des Berichts des Verwaltungsrats bzw. des Angebotsprospekts in derselben Form publiziert werden.

2.2 In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu erwähnen, dass die Oerlikon in ihrer Änderung bzw. Ergänzung des Angebotsprospekts vom 6. November 2006 angibt, dass sie in Bezug auf den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung derzeit Gespräche mit dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung der Saurer führe. Ziel dieser in gutem Einvernehmen verlaufenden Gespräche sei es, eine optimale Lösung der Führungsstrukturen zu finden sowie die nächsten Schritte der Zusammenarbeit zwischen der Oerlikon und der Saurer zu definieren. Teil dieser Gespräche sei auch die zukünftige Zusammensetzung des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Saurer. Obwohl aus den Angaben der Oerlikon hervorgeht, dass im Zeitpunkt der Erstellung des Verwaltungsratsberichts bereits Gespräche zwischen der Oerlikon und der Saurer hinsichtlich Führungsstrukturen stattgefunden hatten (bzw. allenfalls immer noch im Gang waren), wird im Verwaltungsratsbericht der Saurer nichts davon erwähnt. Der Verwaltungsrat der Saurer beschränkt sich, darauf hinzuweisen, dass er seinen Bericht zu dem von Oerlikon am 18. Oktober 2006 publizierten Angebot am 5. November 2006 erstellt habe und deswegen auf den Inhalt der Nachpublikation zum Angebotsprospekt, so wie von der Übernahmekommisson in ihrer Empfehlung vom 31. Oktober 2006 angeordnet (s. Sachverhalt lit. K), keine Stellung nehmen könne (s. Verwaltungsratsbericht, Ziff. 2). Zudem weist der Verwaltungsrat der Saurer darauf hin, er kenne im Zeitpunkt der Erstellung seines Berichts die Absichten der Oerlikon in Bezug auf den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Saurer nicht. In Anbetracht der offenbar stattfindenden Gespräche und des in Erw. 2.1 Erörterten sind die Oerlikon und die Saurer demzufolge verpflichtet, allfällige Resultate ihrer Gespräche umgehend entsprechend zu veröffentlichten.

3. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach der Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4. Gebühr

Die Gebühr für diese Empfehlung wurde bereits mit der Empfehlung II vom 31. Oktober 2006 betreffend die Prüfung des öffentlichen Angebots der Oerlikon erhoben.

 

Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Der am 7. November 2006 veröffentlichte Verwaltungsratsbericht der Saurer AG, Arbon, betreffend das öffentliche Kaufangebot vom 18. Oktober 2006 der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, Pfäffikon SZ, Gemeinde Freienbach, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer AG, Arbon, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Diese Empfehlung wird nach deren Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  3. Es werden keine Gebühren erhoben.

 

Der Präsident des Ausschusses:

 

Henry Peter

 

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die
Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • Saurer AG , durch ihren Vertreter;
  • OC Oerlikon Corporation AG durch ihren Vertreter;
  • die Eidgenössische Bankenkommission;
  • die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).