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0023 - Danzas Holding AG

Empfehlung Danzas Holding AG vom 15. Januar 1999

Öffentliches Kaufangebot der Deutschen Post International B.V., Amsterdam, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Danzas Holding AG, Basel

A.
Die Danzas Holding AG (Danzas) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 26'200'000.--, das eingeteilt ist in 2'620'000 Namenaktien von je CHF 10.-- Nennwert. Sämtliche Namenaktien sind an der Schweizer Börse kotiert.

B.
Am 10. Dezember 1998 veröffentlichte die Deutsche Post International B.V., eine Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG (Deutsche Post), eine Voranmeldung und kündigte darin an, ein öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Danzas zu unterbreiten.

C.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Ulrich Oppikofer (Präsident) und Peter Hügle sowie Frau Claire Huguenin gebildet.


Erwägungen:

1. Gleichbehandlung

1.1. Mitarbeiteroptionen

Die Deutsche Post bietet den im Rahmen eines sogenannten „Employee Stock Ownership Plan" der Danzas bezugsberechtigten Kadermitarbeitern der Danzas die Möglichkeit, ihre Optionen zum Erwerb von Namenaktien Danzas an die Deutsche Post zu verkaufen. Dasselbe gilt für die Optionen zum Erwerb von Namenaktien Danzas, die von den Verwaltungsräten der Danzas gehalten werden.

Da das Angebot der Deutschen Post materiell auch Optionen umfasst, die als Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft gelten (Art. 2 UEV-UEK), gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz für die Gesamtheit der betroffenen Titel (Art. 10 Abs. 1 UEV-UEK). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass die Empfänger des Angebots gleich behandelt werden (Art. 26 Abs. 2 lit. b UEV-UEK). Dies bedeutet, dass sie vorliegend insbesondere prüfen und bestätigen muss, dass das Verhältnis zwischen dem Preis für die Namenaktien und dem Entgelt für die Optionen aus dem Employee Stock Ownership Plan angemessen ist (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK).

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

1.2. „Best Price Rule"

Art. 24 Abs. 2 BEHG verpflichtet den Anbieter, die Besitzer von Beteiligungspapieren derselben Art gleich zu behandeln. Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK präzisiert diese Bestimmung und legt fest, dass der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft nicht zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben darf, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte „Best Price Rule").

Gemäss Praxis der Übernahmekommission bedeutet dies, dass es dem Anbieter und den mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen aufgrund dieser Bestimmungen während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist verwehrt ist, Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis zu erwerben.

2. Anwendung der Bestimmungen über die Angebotspflicht

Das Angebot der Deutschen Post umfasst Beteiligungspapiere, deren Erwerb grundsätzlich die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes auslöst. Unter diesen Umständen muss das Angebot die Bestimmungen über Pflichtangebote (Art. 32 BEHG und 4. Kapitel BEHV-EBK) einhalten.

Die neue Fassung des Art. 10 Abs. 5 UEV-UEK, die seit 1. Juli 1998 in Kraft ist, enthält jedoch keinen Hinweis auf Art. 32 Abs. 2 BEHV-EBK, der bedingte Pflichtangebote grundsätzlich verbietet. Daraus folgt, dass ein bedingtes Angebot für mehr als 331/3% der Stimmrechte der Zielgesellschaft solange zulässig ist, als der Anbieter im Zeitpunkt der Unterbreitung des Angebots den für die Angebotspflicht relevanten Grenzwert noch nicht überschritten hat.

3. Handeln in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter

3.1. Konzerngesellschaften

Gemäss Art. 24 Abs. 3 BEHG gelten die Pflichten des Anbieters für alle, die mit ihm in gemeinsamer Absprache handeln. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK und Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK präzisieren, dass namentlich sämtliche Gruppengesellschaften, die zum Konzern des Anbieters gehören, im gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handeln. Diese Personen müssen die in Art. 12 UEV-UEK erwähnten Pflichten einhalten.

Im Angebotsprospekt wird denn auch festgehalten, dass im Rahmen des Kaufangebots die Deutsche Post und alle weiteren durch sie kontrollierten Gesellschaften in gemeinsamer Absprache mit der Deutschen Post International B.V. handeln.

Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

3.2. Alleinaktionär des Anbieters

Das gesamte Aktienkapital der Deutschen Post als Alleinaktionärin der Anbieterin wird von der Bundesrepublik Deutschland gehalten.

Es besteht grundsätzlich die Vermutung, dass der Alleinaktionär eines Anbieters in gemeinsamer Absprache mit der von ihm direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaft handelt.

Die Prüfstelle hat die Übernahmekommission darüber informiert, dass das Finanzministerium der Bundesrepublik Deutschland ihr gegenüber bestätigt habe, die Bundesrepublik Deutschland werde während der Angebotsfrist keine Titel der Danzas börslich oder ausserbörslich erwerben. Hinzu kommt, dass es ein unverhältnismässiger Aufwand bedeuten würde, zu überprüfen, ob die gesamte deutsche Bundesverwaltung die der Bundesrepublik als einer in gemeinsamer Absprache handelnden Person auferlegten Pflichten einhält.

Aus diesen Gründen betrachtet die Übernahmekommission vorliegend die Bundesrepublik Deutschland nicht als eine mit dem Anbieter in gemeinsamer Absprache handelnde Person.

4. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft

4.1. Umfang der Prüfungstätigkeit der Übernahmekommission

Gemäss Art. 23 Abs. 3 BEHG überprüft die Übernahmekommission die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote im Einzelfall. Sie kann von Anbietern und Zielgesellschaften alle Auskünfte und Unterlagen einfordern.

Die Kompetenz der Übernahmekommission beinhaltet somit nicht nur die Überprüfung des Angebotsprospektes, sondern sie sorgt dafür, dass sämtliche Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote eingehalten werden. Sie muss namentlich überprüfen, ob der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft eine ausreichende Begründung und sämtliche gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG und 6. Kapitel UEV-UEK vorgeschriebenen Elemente enthält. Für die Wahrheit und die Vollständigkeit der im Bericht veröffentlichten Informationen haften ausschliesslich die Verwaltungsratsmitglieder.

4.2. Umfang der Prüfungstätigkeit der Prüfstelle

Art. 25 BEHG verpflichtet den Anbieter, das Angebot vor der Veröffentlichung einer anerkannten Revisionsstelle oder einem Effektenhändler zur Prüfung zu unterbreiten. Die Prüfstelle prüft, ob das Angebot dem Gesetz und den Ausführungsbestimmungen entspricht.

Diese der Prüfstelle auferlegte Pflicht ist darauf beschränkt, die Übereinstimmung des Angebotes mit den gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen (Art. 25 Abs. 2 BEHG). Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft ist nicht verpflichtet, seinen Bericht mit dem Angebotsprospekt zu veröffentlichen. Art. 32 Abs. 1 UEV-UEK ist lediglich eine Kann-Vorschrift. Der Bericht ist somit materiell nicht Bestandteil des Angebotsprospektes und damit auch nicht Bestandteil der Prüfung durch die Prüfstelle.

4.3. Inhalt des Berichtes

Der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK).

Diese Bestimmung verpflichtet den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft, die ihm bekannten und nicht veröffentlichten Angaben über den Gang der laufenden Geschäfte offenzulegen. Der Erklärungsbedarf ist umso grösser, je länger die letztmals publizierten Daten zurückliegen. Ein besonderer Erklärungsbedarf liegt vor, wenn das Angebot, wie im vorliegenden Fall, zeitlich zwischen Abschluss des Geschäftsjahres der Gesellschaft und der Veröffentlichung des Jahresergebnisses unterbreitet wird. Werden relevante Informationen wie insbesondere Kennzahlen über den laufenden Geschäftsgang erst während der Angebotsfrist verfügbar, müssen diese Angaben in der gleichen Form wie das ursprüngliche Angebot veröffentlicht werden. Der Zeitpunkt einer nachfolgenden Veröffentlichung muss im Angebotsprospekt präzisiert werden.

Der Verwaltungsrat der Danzas hat in seinem Bericht vom 22. Dezember 1998 erklärt, die am 25. August 1998 angekündigte deutliche Verbesserung des Konzergewinnes werde aller Voraussicht nach eintreten. Weiter bestätigte er gegenüber der Übernahmekommission, dass der Verwaltungsrat bis Ende der Angebotsfrist keine zusätzlichen Daten werde veröffentlichen können.

Unter diesen Umständen betrachtet die Übernahmekommission Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK als erfüllt.

4.4. Begründung des Berichtes des Verwaltungsrates - Fairness Opinion

Gemäss Art. 29 Abs. 4 UEK-UEV muss der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft eine klare Begründung enthalten und alle wesentlichen Elemente darlegen, welche die Stellungnahme beeinflusst haben.
Der Bericht des Verwaltungsrates der Danzas und seine Empfehlung, das Angebot der Deutsche Post anzunehmen, stützt sich auf eine „Fairness Opinion" der Warburg Dillon Read. Ein solches Vorgehen ist zulässig. Der Verwaltungsrat darf sich in seinem Bericht auf ein unabhängiges Gutachten stützen. In einem solchen Fall wird jedoch das unabhängige Gutachten zu einem Bestandteil des Berichtes und ist somit in der gleichen Form zu veröffentlichen wie der Bericht selbst. Ist das Gutachten zu umfangreich, um vollständig veröffentlicht werden zu können, so genügt die Veröffentlichung einer Zusammenfassung des Gutachtens mit dem Hinweis, dass der vollständige Text den Interessenten vom Tag der Veröffentlichung an kostenlos zur Verfügung gestellt werden wird (Art. 32 Abs. 4 UEV-UEK). Dies bedeutet, dass jeder Interessent verlangen kann, dass ihm kostenlos eine Ausfertigung des vollständigen Gutachtens zugestellt wird.
Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

5. Karenzfrist

Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK sieht vor, dass grundsätzlich eine Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist gewährt wird, wenn die Übernahmekommission das Angebot vor seiner Veröffentlichung geprüft hat und wenn der Bericht des Verwaltungsrates im Prospekt veröffentlicht wird.

Diese Bedingungen sind vorliegend erfüllt. Daher befreit der Ausschuss den Anbieter von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 4 UEV-UEK i.V.m. Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

6. Gebühr

Der Gesamtbetrag des Angebotes beläuft sich auf CHF 1'084'827'100.--.
Gemäss Art. 62 Abs. 2 und 3 UEV-UEK ist in diesem Fall die Maximalgebühr von CHF 200'000.-- zu erheben.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das Angebot der Deutschen Post International B.V. entspricht dem Börsengesetz.
  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 1).
  3. Die Gebühr beträgt CHF 200'000.--.

 

Der Präsident des Ausschusses   

Ulrich Oppikofer


Mitteilung an:

  • den Vertreter der Deutschen Post International B.V., für den Anbieter und für die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen,
  • den Vertreter der Danzas Holding AG,
  • die EBK.